Wir trafen Peggy Haase bei ihrer Station auf dem Weingut Konzmann in Kernen im Remstal. Rechts: Susanne Vetter von TOP HAIR, Foto: Ulrike Konzmann

03.09.2024

Friseur-Van de Luxe: höchste Ansprüche auf vier Rädern

Friseurmeisterin und -trainerin Peggy Haase ließ einen VW Crafter zum Friseursalon umbauen.

Ein bisschen Haare schneiden im Freien, auf dem Campingstuhl vor dem Wohnmobil? Könnte man denken, wenn man von Peggy Haases „Haarbox“ hört. Doch weit gefehlt. Als sich die Friseurmeisterin und -trainerin 2022 entschied, ihren Salon in Stuttgart zu schließen und mit einem Friseur-Van auf Tour zu gehen, hatte sie klare Anforderungen: „Ich wollte jede Dienstleistung anbieten, die ich auch im Salon mache, sei es Dauerwelle, Balayage oder Strähnen. Ich liebe meinen Beruf und habe einen hohen Qualitätsanspruch an meine Arbeit. Den wollte ich nicht reduzieren“, sagt sie.

Der Wunsch, beweglich zu sein

Peggy Haases Wunsch, mobil unterwegs zu sein, entstand nach Corona und den Folgen des Ukraine-Krieges. „Ein bisschen mehr Minimalismus leben, mich nicht festsetzen, autark und unabhängig sein, beweglich bleiben. Und draußen sein. In einem geschützten Raum, der mich aber trotzdem nicht einengt. Das war mein Antrieb.“ Dazu kam der Spagat zwischen den beiden Lebenswelten in Stuttgart und in Dresden, ihrer ursprünglichen Heimat. Dort ist Peggy Haase derzeit noch Inhaberin eines Salons, in dem sie auch Schulungen für die nachhaltige Marke Medavita gibt. Nach der Schließung des Stuttgarter Salons ging sie einfach mit ihren Kund*innen mit, legte fünf Stellplätze für ihre Haarbox im Stuttgarter Raum fest. In Dresden hat Peggy Haase aktuell einen mobilen Friseurplatz mit ihrem Van.

Das passende Gefährt finden

Doch zunächst zurück zum Wunschtraum auf vier Rädern. Denn der fahrbare Untersatz musste erst mal gefunden werden. „In Dresden gibt es eine Friseurin, die mit einem Postbus unterwegs ist, aber nur Trockenhaarschnitte anbietet. In München fahren zwei, auch mit einem Waschbecken. Mir war klar, dass ich das für meine Arbeit auch brauche.“ Nach intensiver Recherche stieß Peggy Haase auf Udo Rudolf. Er baut mit seinem Caravan Service Reisemobile aus und um. Doch solch ein Projekt war auch für ihn neu und eine echte Herausforderung. Die Wahl fiel auf einen VW Crafter, den Handwerker, ein Van, der Platz und Handlichkeit vereint.

Technik- und Raumwunder

Das Projekt „Friseur-Van“ begann mit der Technikplanung. Ein Waschbecken mit 250-Liter-Tank und ein 25-Liter-Warmwasserboiler machen alle Haarbehandlungen möglich. Auf dem Dach des Crafters sind Solarmodule installiert, die die Gel-Batterien laden. In der Nacht wird das System mit Ladestrom nachgeladen, sodass die Friseurin den Tag über autark ist, selbst wenn die Klimaanlage läuft. Für Wärme sorgt eine Diesel-Standheizung, die auch das Wasser im Boiler erwärmt. Es gibt eine Kaffeemaschine und einen Kühlschrank. Nach gründlicher Isolierung folgte der Innenausbau: Möbel in cremeweiß und eine Lichttechnik für echte Wohlfühlatmosphäre im „Salon. Neun Monate dauerte die Verwandlung vom Crafter zum fahrbaren Salon. Spannend war dann der erste TÜV. „Die Mitarbeiter waren verblüfft. So etwas hatten sie noch nie gesehen“, lacht Peggy Haase.


Ihre Erfahrungen mit der Haarbox möchte Peggy Haase an ihre Kolleg*innen weitergeben und bietet daher Zoom-Schulungen für interessierte Friseure an. Sie informiert über Technik, Standorte, Kundengewinnung, Rechtliches usw. Wer Peggy Haase und ihrem Friseur-Van folgen möchte, schaut einfach auf @diehaarbox oder @diehaarbox_on_tour.

 

Die Haarbox wurde zum echten Digital-Salon, mit Technik-Highlights, in die sich auch Peggy Haase erst einmal einarbeiten musste. Denn die gesamte Technik im Van kann über eine App auf dem Handy gesteuert werden. Für die Haarfarben nutzt Peggy Haase ebenfalls ein app-gesteuertes Farbmix-System. Über Tablet läuft das Kassen- und Terminplanungssystem. Die Kunden terminieren sich im Online-Terminbuch je nach Lieblingsstandort. Bezahlt werden kann mit Karte, Bons bekommen die Kunden per Mail..  „Für mich war es wichtig, zu gewährleisten, dass steuerlich alles korrekt läuft“, betont die Friseurunternehmerin.

Gute Planung ist wichtig

Peggy Haase hat einen genauen Tourplan. An Bord ist alles, was sie für ihre Behandlungen braucht. Sie sagt: „Ich bespreche mit den Kunden sehr genau, welche Behandlung sie wollen, damit nichts fehlt.“ Mit den Ressourcen an Bord auszukommen, hat Peggy Haase eingeübt. „Man bekommt ein Gefühl dafür und ich arbeite deutlich intensiver.“ In ihrer Wohnung in Stuttgart hat Peggy Haase zudem ein kleines Warenlager. Ihre Einsatzorte sind Win-Win-Geschäft.  Beim Weingut Konzmann in Kernen im Remstal kommt es nicht selten vor, dass ein Laufkunde, der gerade eine Führung gemacht hat, noch einen Haarschnitt bekommt. Sie schenkt ihren Kund*innen Konzmann-Sekt aus. Die Winzer freuen sich über den Hofgast und die zusätzliche Werbung. Und die Ruhe und die Natur sind ein zusätzliches Highlight für Kund*innen und Peggy Haase. Macht das Wetter mit, lässt die Friseurin auch gern mal die Markise herunter und es wird draußen gearbeitet.

Deutlich mehr Arbeit, deutlich glücklicher

Ein weiterer Standort ist zum Beispiel eine Gärtnerei oder die Gartenstadtkirche Luginsland, in der Nähe des geschlossenen Stuttgarter Salons. Gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln für die Kund*innen zu erreichen. Die Deko besteht häufig aus dem Gärtnerei-Sortiment. Ein Kärtchen ihrer „Partner“ liegt immer in der Haarbox aus. „Ab und zu fahre ich auch zu Hochzeitsgesellschaften, die Gäste lassen sich dann vor dem Fest von mir stylen“, erzählt Peggy Haase. Die Friseurmeisterin und ihr Mobil sind flexibel und offen für alle neuen Möglichkeiten. „Ich könnte mir zum Beispiel auch vorstellen, große Firmen anzufahren und dort Mitarbeitern die Haare zu schneiden.“ Für Peggy Haase hat sich mit der Haarbox ein neues Lebensgefühl eingestellt: „Es hat sich mega gelohnt. Das ist völlig meins. Ich arbeite deutlich mehr und bin deutlich glücklicher!“

Haarbox – die Fakten

  • Anschaffungskosten: je nach Fahrzeugwunsch variabel
  • Umbaukosten: entsprechend der Qualitätswünsche - ähnlich wie eine Saloneinrichtung
  • Umbauzeit: 9 Monate
  • 140 PS
  • Frisch- und Abwasser: je 250l
  • Warmwasser-Boiler: 25 l
  • Solar und Klima auf dem Dach
  • Ausfahrbare Markise
  • Diesel-Standheizung
  • 86-l-Kühlschrank