08.08.2022

Herrensalon Ewinger | Linz

Ganz im Sinne der Familientradition führt Robert Ewinger keinen Barbershop, sondern einen Herrensalon.

Wir befinden uns im Jahr 2022 n. Chr., ganz Österreich ist von Barbershops besetzt ... Ganz Österreich? Nein! Ein von einem unbeugsamen Friseur geführter Herrensalon in Linz hört nicht auf, dem fortschreitenden Barbershop-Trend „Widerstand“ zu leisten. Und zwar mit einem Salon für Männer klassischen Zuschnitts. „Ich fahre zwar Motorrad, aber ich bin kein Biker. Ich bin tätowiert, aber so, dass man es nicht sieht“, erklärt Robert Ewinger einerseits zwar seine Nähe zum klassischen Bilderbuch-Barber, aber andererseits auch das, was ihn von Barbern unterscheidet, wie man sie sich gemeinhin vorstellt. Nicht, dass Ewinger etwas gegen Barbiere und ihre Barbershops hätte, aber das Erbe seines verstorbenen Vaters Helmut, den Ewinger mit einem eigenen Platz in der Vitrine – dem „Schrein“ mit einigem altem Arbeitsgerät aus dem Besitz des Vaters – ehrt, diente dem 2017 eröf fneten Salon Ecke Untere Donaulände und Rechte Donaustraße in Linz als Vorbild und tritt in Oberösterreichs Landeshauptstadt gegen klassische Barbershops der Mitbewerber an. Authentisch zu sein ist das, worum es Robert Ewinger geht: „Deshalb bin ich auch kein Barber, da müsste ich mich verstellen!“ Wäre es nach Ewingers Eltern – beide waren Friseure – gegangen, hätte Sohn Robert nicht in ihre Fußstapfen treten sollen. „Mein Vater hat immer gesagt, ich soll nicht Friseur werden, weil man da so viel arbeiten muss“, erzählt der Salonchef. Doch die kindliche Prägung schlug den Eltern ein Schnippchen: Wer nach der Schule im Salon zu Mittag isst, dort lernt, seine Hausübungen macht und regelmäßig bei den Eltern mitarbeitet, hat – eine gewisse Affinitätvorausgesetzt – kaum eine Chance, sich erfolgreich gegen das „Friseurvirus“ durchzusetzen. Zuerst besuchte Ewinger statt des Polytechnikums die Friseurschule Meininghaus im bayerischen Forchheim, um danach die Lehre im elterlichen Betrieb anzutreten.
 

Vision: Trendfriseur

Als seine Eltern 2004 ihren wohlverdienten Ruhestand antraten, übernahm Ewinger das Geschäft. Zuvor hatte der Newcomer seine handwerklichen Fähigkeiten bei der Arbeit in anderen Salons weiterentwickelt, besuchte einmal pro Monat Schulungen bei Wella und eignete sich im Rahmen zweier Workshops im „Institute of Courage“ in Los Angeles die Schneidetechnik von Sexy-Hair-Gründer Michael O’Rourke an. Derart „bewaffnet“ träumte Ewinger davon, Trendfriseur zu werden, „aber das hat der Kundenstock meiner Eltern einfach nicht hergegeben“, so Ewinger, der den elterlichen Salon vorerst allein weiterführte. Um sich den Traum vom Trendfriseur zu erfüllen, gab Ewinger den Salon seiner Eltern auf und richtete das Konzept des neuen Geschäfts auf die gewünschte Richtung aus. „Aber das ist leider nicht so gut gelaufen. Die Lust habe ich auch verloren, weil die Mitarbeiter nicht so mitgespielt haben – ich war überfordert“, erinnert sich Ewinger, der in Folge „den Hut drauf haute“, sich als Fachtrainer für Kao verdingte und Schulungen – auch für seinen Lieblingsbereich Herren – in ganz Österreich abhielt. Als die Eltern schwer erkrankten, ent- schied sich Ewinger aber schließlich, zu seinen Wurzeln zurückzukehren: „Ich wollte wieder Friseur sein, aber nur mehr für Herren – Sachen wie Balayage waren mir zu anstrengend.“

Neuanfang mit Herrensalon

Die Suche nach einem geeigneten Objekt in Linz für den Neustart gestaltete sich allerdings schwierig: Fast zwei Jahre lang musste Ewinger suchen, ehe er fand. Im Mai 2017 hob Ewinger endlich das neue Salonprojekt aus der Taufe – den Charakter seines Geschäfts gestaltete er ganz im Sinne des Vaters. Die Rücklagen, die Ewinger für die Beschäftigung von Mitarbeitern – auch im neuen Salon war Robert Ewinger als One-Man-Show gestartet – gespart hatte, gingen schließlich für die Überwindung der Corona-Krise drauf. „Das Marketing vom Staat und die Unterstützungen waren lächerlich. Es war gut, dass ich gespart hab; das hat mich ge-
rettet“, so Ewinger, der seine Kundschaft nach wie vor allein betreut. Dass die Zunft von der Krise profitiert hätte, sieht Ewinger nicht so:„Wir waren nur systemrelevant, wenn mehr als sechs Wochen zu war. Dann war 14 Tage was los, danach wieder nicht mehr so viel. Viele haben aber illegal weitergearbeitet -– die Krise hat die Schwarzarbeit gefördert und Ungeimpfte ausgesperrt.“

Auf einen Blick:

ʍ Herrensalon Ewinger
Untere Donaulände 14
4020 Linz
T: (06 64) 750 18 131
www.ewinger.at
ʍ Salongröße: 120 m2
Bedienstühle: 3
Waschplätze: 3
Mitarbeiter: keine