25.01.2023
Haarausfall bei Frauen: Ursachen und Behandlung der Alopezie
Ab wann Haarverlust als behandlungsbedürftig gilt und welche Rolle die Hormone sowie das Alter dabei spielen, erklärt Gynäkologin Dr. med. Simona Lucia Baus
Bis zu 100 Haare gehen dem Menschen jeden Tag verloren. Was auf den ersten Blick viel erscheinen mag, kann im Rahmen des normalen Haarzyklus problemlos durch nachwachsendes Haar ersetzt werden. „Als pathologisch – also krankhaft – gilt ein Haarverlust erst oberhalb dieser Grenze, oder aber wenn sich kahle Stellen bilden“, sagt Dr. med. Simona Lucia Baus, Gynäkologin an der Klinik für Frauenheilkunde, Geburtshilfe und Reproduktionsmedizin Homburg/Saar. Mediziner:innen sprechen dann von einer Alopezie.
Hormonbedingter Haarausfall
Die häufigste Ursache für übermäßigen Haarverlust ist ein Ungleichgewicht der Geschlechtshormone. Dabei kommt ein Überschuss männlicher Hormone (Androgene) ebenso infrage wie ein Mangel an weiblichen Hormonen (Östrogene). Im Fokus einer medizinischen Behandlung stehen deshalb mögliche Hormonstörungen oder Hormonumstellungen.
„Die häufigste Hormonumstellung, die mit einem Haarverlust einhergeht, ist die Perimenopause – also die Zeit der Wechseljahre“, erklärt Baus. Aber auch nach der Geburt eines Kindes kann es zu einem übermäßigen Haarverlust kommen. Die Einnahme von hormonellen Verhütungsmitteln oder bestimmten Präparaten zur Hormonersatztherapie begünstigt einen Haarausfall ebenfalls. In Rücksprache mit dem behandelnden Arzt oder der Ärztin sollte man dann nach möglichen Medikations- oder Verhütungsalternativen suchen.
Sind jüngere Frauen von einem hormonbedingten Haarausfall betroffen sein, ist das am häufigsten auf ein sogenanntes polyzystisches Ovarialsyndrom zurückzuführen. Im Fall dieser hormonellen Störung leiden die Betroffenen dann auch unter einer verringerten oder ausbleibenden Monatsblutung, einem gesteigerten Haarwuchs im Gesicht und Akne.
Wie viele Frauen sind von hormonbedingtem Haarausfall betroffen?
Ob ein hormonelles Ungleichgewicht sich auf die Haare auswirkt, hängt nicht nur vom Spiegel der Geschlechtshormone im Blut ab. Entscheidend ist auch, wie empfindlich die Haarfollikel auf die Hormone reagieren. „Diese Empfindlichkeit ist genetisch bedingt“, berichtet die Gynäkologin. Aus Studien sei bekannt, dass rund 20 bis 30 Prozent der Frauen eine besondere Empfindlichkeit gegenüber Androgenen aufwiesen und somit zu einer androgenetischen Alopezie neigten. Dann kann der hormonbedingte Haarausfall sogar auftreten, wenn der Androgenspiegel im Blut auf einem normalen Level ist.
Ist Haarverlust nicht eine normale Alterserscheinung?
Tatsächlich sind auch die Haarfollikel einer natürlichen Alterung unterworfen. „Es ist daher ganz normal, dass die Haardichte mit zunehmendem Alter abnimmt“, so Baus. Lichte sich das Haar jedoch übermäßig oder bildeten sich gar kahle Stellen, sei dies in jedem Alter als pathologisch zu bewerten.
Was kann man gegen hormonbedingten Haarausfall tun?
Weil der androgenetische Haarausfall auf ein Ungleichgewicht der Geschlechtshormone zurückgeht, ist eine auf den Hormonhaushalt zielende Therapie in der Regel die wirksamste. Dabei wird die Wirkung der männlichen Hormone unterdrückt und/oder der Spiegel weiblicher Hormone erhöht. Bei Frauen in der Postmenopause kann eine Hormonersatztherapie (HRT) neben anderen Wechseljahresbeschwerden auch die Haarprobleme lindern. Geht der Haarausfall jedoch auf die Einnahme bestimmter HRT-Präparate oder hormonelle Verhütungsmittel zurück, ist ein Wechsel auf ein anderes Medikament möglich. Die hormonelle Therapie kann durch die Einnahme von Spurenelementen wie Zink und Selen unterstützt werden. Wenn ein Mangel an Eisen oder Vitamin B-12 besteht, sollte dieser ausgeglichen werden.
Gibt es lokal wirkende Mittel gegen den Haarausfall bei Frauen?
Das Fortschreiten des hormonbedingten Haarausfalls kann bei den meisten Frauen auch durch die Behandlung der Kopfhaut mit dem Wirkstoff Minoxidil gebremst werden. Dieser greift nicht in den Hormonhaushalt ein. „Vereinfacht gesagt basiert seine Wirkung auf einer verbesserten Durchblutung der Kopfhaut“, erläutert Gynäkologin Baus. Als Nebenwirkung dieser Behandlung könne es jedoch auch im Gesichts- und Stirnbereich zu einem verstärkten – wenngleich reversiblen – Haarwachstum kommen. Bei allen Therapieformen mahnt die Gynäkologin zudem zur Geduld: Bis sich ein messbarer Erfolg einstelle, könnten mehrere Monate vergehen.
Quelle: S.L. Baus:Wenn die Haare fehlen – Haarausfall in der Gynäkologischen Praxis
Fachzeitschrift Aktuelle Dermatologie (Georg Thieme Verlag, Stuttgart), 2022; online erschienen am 18.10.2022
DOI: 10.1055/a-1927-7319