Rund oder f lach, Holz oder Metall? Hand auf Herz – wer ist noch richtig fit im Umgang mit Föhn und Bürste? >< Foto: Parilov / Shutterstock.com

17.06.2022

Klassische Föhntechniken - so gelingen sie

In Zeiten von Glätteisen, Lockenstäben und Co. sind klassische Föhntechniken leider in Vergessenheit geraten. Erfahren Sie hier worauf es ankommt und wie sie gelingen.

Haare sind ein wundervoller Werkstoff. Sie sind so flexibel und formbar, dass wir sie durch handwerkliches Geschick in nahezu jede gewünschte Form bringen können. Deshalb zählen das Föhnen und die Erstellung von Föhnfrisuren zu einer Kernkompetenz von Friseur*innen. So sollte es eigentlich sein. Aber sind wir mal ehrlich, wer kann in Zeiten von Glätteisen und Beachwaves noch von sich behaupten, eine Föhnfrisur erstellen zu können, die eine Woche hält? Wer kann mit der rechten und der linken Hand gleich gut föhnen? Wer kann begründen, wann und warum er oder sie eine Skelett- und keine Rundbürste benutzt?

Flachbürste oder Rundbürste – wie unterscheiden sie sich?

Prinzipiell lassen sich Föhnbürsten in zwei Kategorien unterscheiden: flach und rund. Bei den flachen Bürsten lesen wir häufig Bezeichnungen wie Skelettbürste, Paddle Brush, Denman- Bürste, Vent Brush, Cusion Brush oder Tunnelbürste. Die Rundbürsten sind einfach rund. Es gibt flache Bürsten sowohl gerade als auch gebogen, mit kurzen und/oder langen Kunststoffpins bzw. Naturborsten. Es lässt sich nicht seriös sagen, dass die eine besser ist als die andere. Naturborsten sind in der Regel weicher als Kunststoffpins. Auf der Kopfhaut fühlen sich Naturborsten weicher an, allerdings lassen sich die Haare nicht so stramm hochziehen wie bei Kunststoffpins. Kunststoffbürsten neigen dazu, Haare stärker statisch aufzuladen. 
   Rundbürsten gibt es mit vielen verschiedenen Durchmessern und aus verschiedenen Materialien. Bürsten mit Metallkörper und Drahtborsten sind sehr verbreitet. Der metallische Körper nimmt die Hitze des Föhns auf. Gerade wenn längere Haare eingerollt werden, wird das Haar dann sowohl durch die Hitze des Föhns von außen als auch durch die Hitze des Metallkörpers von innen getrocknet. Die Wirkung ist dann ähnlich wie die eines Heizwicklers. Ebenso gibt es Rundbürsten auch aus Holz und mit Naturborsten.

Wann nehme ich welche Bürste?

Eine Föhnfrisur kann man mit einem Haus vergleichen. Das Fundament ist die Basis für die Stabilität. Bei einer Föhnfrisur ist das Fundament der Haaransatz. Es sollte natürlich ein passender Festiger verwendet werden, der direkt auf den Ansatz aufgetragen wird. Viele Festiger enthalten Filmbildner, die sich beim Trocknen miteinander verbinden und dem Haar dadurch Halt und Stabilität geben.
   Für das Erstellen einer Föhnfrisur muss das Haar meist nicht tropfnass sein. In der Regel reicht ein Feuchtigkeitsgehalt von ca. 20 Prozent (außer bei sehr hartem, krausen und störrigem Haar). Deshalb empfiehlt es sich oftmals, die Haare vorzutrocknen. Hierfür wird häufig die Skelettbürste verwendet. Die Haare werden in verschiedene Richtungen gekämmt und mit dem Föhn vorgetrocknet. Werden die Haare gegen den gewünschten Frisurenfall vorgetrocknet, führt dies zu viel Volumen. Doch aufgepasst: Wenn das Haar dabei zu trocken wird, lässt es sich nicht in die gewünschte Form zurückbringen. Dann muss es erneut angefeuchtet werden.

Ein weiteres Einsatzgebiet der Skelettbürste ist das „Standföhnen“. Hierbei wird das Haar beginnend am Ansatz in die gewünschte Fallrichtung gekämmt. Nach ca. 2 bis 3 cm wird die Bürste leicht in die entgegengesetzte Richtung zurückgeschoben und der Ansatz angehoben. In dieser Position erreicht man viel Volumen, das außerdem sehr stabil ist. Diese Technik wird häufig für eine Bombage angewendet.
   Ebenso kann die Skelettbürste verwendet werden, wenn kein Volumen erzeugt werden soll. Durch den schmalen Körper der Bürste können die Haare eng am Kopf anliegend geföhnt werden. Dies bietet sich z. B. für schmale Seitenpartien, den Ponybereich oder bei langen, naturglatten Haaren mit einer inaktiven Textur an.

Für Glanz in Wuchsrichtung föhnen

Mit der Rundbürste lässt sich der Haarschaft besonders gut glätten. Hierbei ist es wichtig, dass der Luftstrom immer vom Ansatz zur Spitze hin verläuft, weil die Cuticula anderenfalls aufgeraut wird und das Haar matt und glanzlos erscheint. Dies wird durch die Verwendung einer Föhndüse optimiert. Der Luftstrom wird gebündelt und die Cuticula geglättet. Durch die Rundbürste kann Volumen erzeugt, krauses Haar geglättet oder Bewegung in Form von Schwüngen und Locken erzeugt werden. Dabei ist der Durchmesser entscheidend. Die große Rundbürste (Durchmesser ca. 4 cm und größer) wird häufig zum Glattföhnen verwendet. Ähnlich wie bei Volumenwicklern gilt auch hier, je kleiner der Durchmesser, desto stärker die Locke.
   Beim Eindrehen einer Rundbürste ist besondere Vorsicht geboten, da sich die Haare leicht verheddern können. Die Bürste muss darum immer im gleichen Winkel ausgedreht werden, in dem sie auch eingedreht wurde. Mit der Rundbürste lassen sich die Haarspitzen gerade oder rund (dann fallen sie nach innen, außen, rechts oder links) formen. Sollen die Spitzen gerade fallen, dürfen sie nicht eingedreht werden, sondern müssen auf der oberen Seite der Bürste geformt werden und dort auskühlen. Eine unerwünschte Fallrichtung der Spitzen kann sehr leicht korrigiert werden, indem die Spitzen in die entgegengesetzte Richtung geformt werden, z. B. die Spitzen fallen auf der rechten Seite nach vorn, sie sollen aber gerade fallen, dann werden die Spitzen auf der Bürste liegend leicht nach hinten gezogen und in dieser Position auskühlt.
   Mit dünnen Rundbürsten können haltbare Wellen und Locken kreiert werden. Die Haltbarkeit kommt hierbei unter anderem durch das Auskühlen der Haare auf der Bürste. Alternativ können die Passées mit einer Klammer fixiert werden und als große Papillote auskühlen. Technik und Werkzeug sind aber nur die halbe Miete, denn: Übung macht den Meister!

Nice to know

Bombage – klassische Föhntechnik im Herrenfach. Charakteristisch ist die eckige Form. Sie wird in der Regel mit einer Skelettbürste erzeugt.

Denman – John Denman Dean gründet 1983 die Firma und ließ die Denman-Haarbürste patentieren. Typisch für die klassische Denman-Bürste ist das pneumatische Gummikissen aus Naturkautschuk.

Filmbildner – sind synthetische Harze, die der Frisur Halt verleihen, z. B. PVP Polyvinylpyrrolidon. Textur – die Oberf lächenbeschaffenheit des Haares. Sie kann inaktiviert (geglättet) oder aktiviert (lockig, bewegt) sein.

Papillote – ist eine Haarsträhne, die über den Finger zu einer Locke geformt und mit einem Clip fixiert wird.

 

Zum Autor:
Matthias Bugge
bringt die Basics verständlich auf den Punkt. Der Friseurmeister hat an der TU Darmstadt studiert und ist Bildungsgangkoordinator am Berufskolleg Humboldtstraße in Köln.